Von Pejë nach Andrejivica

Der Wecker läutet um 5 Uhr, Müesli Frühstück gibt’s im Zimmer. Dann rollen wir durch das morgendlich kühle Pejë. Gestern Abend haben wir am Stadtrand gegessen und waren leicht geschockt über die grossen Rudel Strassenhunde. Mögen sie eine erfolgreiche Nacht gehabt haben. Das erste Rudel kläfft uns noch weit vor den letzten Häusern in Todesangst. Doch es hat Passanten, und die Hunde lassen von uns ab. Einem zweiten Angriff entkommen wir ebenfalls ohne Verletzung. Dann geht es bergauf, rein in die Schlucht. Der Wind weht stark und kühl. Und die Strasse steigt. Vorbei an Felsen, durch Tunnel und erstaunlich viel Verkehr. Wo fahren die alle hin in dieser abgelegenen Gegend? Wir sind fasziniert von der Natur und essen nach 8 Kilometern etwas. Der Aufstieg ist noch lange. Der Weg verzweigt sich und es gibt eine Abzweigung zum Skigebiet. Ein einsamer Velofahrer sitzt am Strassenrand. Er macht an einem Radrennen mit und weiss scheinbar nicht, wo er ist. Von der nahen Landesgrenze weiss er jedenfalls nichts. Macht nichts, wir wissen ja, wo wir hin wollen. Nach einer kleinen Siedlung treffen wir auf die erste Wandrerin. Dann biegen wir ab auf eine Naturstrasse. Nach rund zwei weiteren steilen Kilometern kommen die erwarteten Marken, wir haben die Grenze zu Montenegro erreicht.

In der Rugova Schlucht
Landesgrenze

Direkt nach der Grenze ist die Strasse perfekt asphaltiert. Wir wissen, dass wir noch 600 Höhenmeter bewältigen müssen. Das braucht Zeit und Kraft. Wir stärken uns mit einem ausgedehnten Lunch und der atemberaubenden Aussicht. Am Schluss zählen wir die Kurven. Kurz vor der Passhöhe treffen wir die ersten Menschen seit Stunden und kurz danach kommt das erste Auto entgegen. Die Einsamkeit in Europa ist begrenzt.

Auf der Passhöhe steht ein Polizeifahrzeug. Zwei freundliche Herren kontrollieren unsere Pässe und fragen nach unseren Plänen. Man traut der offen Grenze für Wandernde und Reisende noch nicht ganz.

Auf dem Cakor

Auf der Abfahrt hat es unfassbar viele Autos. Der Aufmarsch gipfelt in einem regelrechten Verkehrschaos, als die schmale Strasse zum Parkplatz verkommt und auf einer Länge von mehreren 100 Metern zugeparkt ist. Kurz davor wurden unsere Pässe nochmals kontrolliert. Weshalb? Fünf Herren vor einem Polizeifahrzeug fragen uns, woher wir seien? Zürich wird als Antwort akzeptiert. Wir fragen, was hier los sei: Eine historische Gedenkveranstaltung. Wir fahren weiter und setzen uns im Dorf im Tal ins Café und bestellen kalte Getränke. Während unserer Pause fahren dreimal (!) Limousinen eskortiert von Polizeifahrzeugen aus dem abgeschiedenen Tal heraus. Wir wundern uns inzwischen nicht mehr. Den Anlass des Gedenkens finden wir später im Internet. Hier fand im 2. Weltkrieg ein grausames Massaker statt. Am 28. Juli 1944 unter dem Kommando der Wehrmacht wurden etwa 550 Menschen, vor allem Kinder, getötet. Das Massaker wurde erst 1989 publik und erst in den letzten Jahren aufgearbeitet. Deutsch Sprachige sind heute wohl nicht willkommen hier.

In Andrijevica finden wir ein velofreundliches Hotel: kalte Getränke, eine Dusche, etwas zu Essen und eine ruhige Nacht zur Erholung nach einem anstrengenden Tag.

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