Von Dresden nach Jena

2.8.2017

Nach einer Nacht mit heftigen Gewittern entscheiden wir uns, nicht auf der direkten Route nach Jena zu fahren, sondern den Flussläufen so gut wie möglich zu folgen. Das führt uns zuerst auf den Elbradweg, den wir kurz nach Meissen verlassen und auf den Elbe-Mulde-Radweg einbiegen. Es ist ein wunderbar angelegter Weg, wir steigen langsam, kommen gut voran um uns  plötzlich auf einem Naturpfad wieder zu finden. Das bisschen Abenteuer nehmen wir gerne an, schliesslich befinden wir uns in dicht besiedeltem Gebiet, zeitweise folgen sich die Dörfer im Kilometer Abstand. 

Die größeren Siedlungen sind attraktive Städtchen, es scheint uns jedes einen Besuch wert. In Döbeln kommen wir an die Freiberger Mulde und folgen erneut auf einem schön angelegten Radweg einem breiten Bach. Die Entflechtung des Rad- und Autoverkehrs gelingt hier wirklich hervorragend. Selten befinden wir uns auf einer ‚Fahrradstrasse Anwohner frei‘ – meist sind gar keine Autos auf dem Radweg.

Colditz

In Colditz haben wir ein Zimmer gebucht im Parkhotel Muldental, einer Jugenstilville außerhalb des Ortes. Auch hier würde man es länger als eine Nacht aushalten, der Garten lädt zum Verweilen, das Haus ist beeindruckend. Etwas schwierig für die Radfahrer: es hat kein Restaurant. Da kommt unsere Notverpflegung zum Einsatz. Wir essen Pasta, Tomatensauce und Gurken als Gemüsebeilage. 

3.8.2017

Entgegen aller Prognosen erwartet uns ein Regentag! Wir werden schon auf den ersten Kilometern nass und suchen im Café Am Schlosspark in Wechselburg zuflucht. Es ist schon elf Uhr als wir weiter ziehen.

Heute warten wieder einige Anstiege, wunderbare Wälder, verwinkelte Wege durch Industriebrachen, Tunnels unter Eisenbahnlinien, Brücken und Feldwege auf und. Doch in Glauchau habe ich genug und wir nehmen den Zug nach Gera.

Deutsche Radwege – es ist alles dabei was das Radlerherz begehrt

4.8.2017

Von Gera nach Jena entscheiden wir uns für den Elster Radweg bis Hartmannsdorf. Dann folgt der schönste Abschnitt des Tages durch das Mühletal. Gerne hätten wir bei einem der zahlreichen Gasthöfe Pause gemacht, doch die öffnen erst um 11 Uhr. So erreichen wir kurz nach Mittag das Tal der Saale, verirren uns kurz unter den Autobahn und Eisenbahnbrücken und finden schliesslich den Saaleradweg, der uns nach Jena führt.

Blick von der Dachterrasse des Hotelzimmers in Jena

2xSchweiz, 1xgrosser Fluss und zum Schluss viel Barock

Das Zittauer Gebirge haben wir rasch hinter uns. Der Werbeslogan vom ‚kleinsten Mittelgebirge‘ ist also keineswegs zu hoch gegriffen. Wenn man bei paar halbhohen Waldhügeln den Begriff ‚Gebirge‘ überhaupt bemühen darf… Auf ein paar schmalen Strässchen erreichen wir die nur schwach gekennzeichnete Grenze nach Tschechien. Der gut ausgeschilderte Radweg 3015 führt uns entlang von Bächen und Flüsschen von einer Wasserscheide zur nächsten – dementsprechend geht’s einmal mehr schweisstreibend rauf und runter. Die Einschnitte werden nach und nach canyonartiger und dann stehen wir vor einem Nationalparkschild ‚böhmische Schweiz‘. Höhepunkt ist am Ende einer Abfahrt, kurz bevor wir die Elbe erreichen: Eine wunderbare Schlucht, vollgestopft mit Hotels, Restaurants, Glaces- und Souvenierständen: Halt ein Riesenjahrmarkt nach bester Osteuropäischer Manier.

Von der böhmischen geht es nahtlos in die sächsische Schweiz. Die Sandsteinformationen am Elbufer werden noch ein Stück imposanter. Mit Rückenwind gehen die nächsten 30 km auf dem Uferradweg wie im Flug dahin. Der Fernsehturm vom heutigen Tagesziel Dresden ist schon fast in Griffnähe, doch von der Grossstadt spüren wir noch nicht viel. Zwischen der Elbe und den Siedlungen hat es einen breiten Wiesen- und Bruchwaldsaum. Erst kurz vor der Augustusbrücke steht die Skyline mit der Frauenkirche im Zentrum in voller Wucht vor uns. Im Nu packen wir ab, beziehen wir das Hotelzimmer und machen uns auf zum Nachtessen am Hauptplatz. 

2xEisenbahn – von Krakau (PL) nach Jonsdorf (DE)

29.7.2017

Von Krakau bis Jelenia Gora (Hirschberg) bringt uns der Zug. Nachdem wir den Morgenzug verpasst haben, sind wir im zweiten Anlauf pünktlich am komplett neu ausgebauten Hauptbahnhof. Auf dem Perron ist viel los, der Zug fährt an die Ostsee. Wir gesellen uns zu den anderen wartenden Radfahrern, der Zug kommt und der Wagen mit dem Veloabteil fährt an uns vorbei, wir hinterher. Man hilft sich, zuerst steigen die Jungen ein, welche an die Ostsee wollen. Dann die ausländischen Touristen, ein weitgereister Breslauer auf dem Heimweg und weitere Menschen mit Velo und mehr oder weniger Gepäck. Es dauert bis alle drin sind und sich das Chaos im großzügigen Veloabteil langsam strukturiert, die Velos aufgehängt sind, das Gepäck verstaut und alle ihren Sitzplatz gefunden haben. 

Auf den ersten Blick cool, dann aber auch beängstigend war für mich, dass die Aufhängevorichtung über ein Zahlenschloss verfügt. Ich kann also mein Rad einladen, abschlissen und mich dann unbekümmert in die erste Klasse setzen. Nur: ich traute mich nicht, irgendetwas an diesem Schloss zu machen und liess es einfach offen. Was, wenn sich jetzt jemand einen Spass macht und mein Rad im polnischen Zug festkettet? Es passierte nichts und wir stiegen in Breslau auf einen Regionalzug um.

Velo Selbstverlad auf polnisch: viel Platz – auf der anderen Seite hängen noch mehr Fahrräder
Den Nachmittag verbringen wir auf dem Weg vom flachen Polen in die Hügel an der Grenze zu Tschechien. Es ist faszinierend wie sich der Zug durch diese Landschaft windet, durch die dichten Laubwälder in die nächste Stadt um dann unvermittelt an einem Bahnhof mit rund 20 (!) Geleisen vorbei zu kommen. Wir tippen auf ein Berbau Gebiet.

Es ist schon Abend als wir in Hischberg aussteigen und den letzten Teil der Tagesetappe auf der Strasse trampend in Angriff nehmen. Wir wollen noch nach Bad Flinsberg, einem Kurort mit Thermalquelle. Bald sind wir aus der Stadt raus auf dem offenen Feld das in der Abendsonne golden leuchtet. Wir zweigen von der Hauptstrasse ab und auf eine Geländestufe rauf, dann wieder durch die goldenen Felder. Nach 20 Kilometer gibt es noch einen Hinweis auf unseren Zielort. Es ist eine schöne Abendtour, doch es sind mehr Höhenmeter als uns lieb sein kann. Schliesslich finden wir Bad Flinsberg versteckt in den Bergen und unser Hotel zu oberst im Dorf, 170 Meter vom Zentrum ist für Radfahrer keine Garantie für eine „gute“ Lage. Es ist ein wunderschönes, altes Haus, mit rotem Samt und würdevoller Ausstrahlung. Das  Restaurant ist bereits geschlossen – wir begnügen uns mit Nüssen und einem grossen Bier an der Hotelbar, der Weg runter ins Dorf zu einer Pizzeria ist uns „zu weit“, es bereits nach 21 Uhr …

30.7.2017

Das Frühstück gibts ab 8 Uhr, sehr spät für uns – lieber hätten wir um diese Zeit bereits die ersten Kilometer hinter uns.  Vor dem Saal warten rund ein Dutzend russisch sprechende Rentner. Kaum geht die Tür auf fallen sie über das Buffet her, wir machen mit: schliesslich sind wir gestern zu kurz gekommen und wir haben noch ein paar Kilometer vor uns!

Dann satteln wir auf und starten bergaufwärts zur Talstation der Gondelbahn des Skigebiets (Höhe die man erkämpft hat gibt man nicht so leicht Preis).  Es stellt sich heraus, dass wir in einem Bikerparadies sind: überall sind Routen ausgeschildert, steigen auf Parkplätzen Menschen aus den Autos aufs Velo, ja sogar einen Fahrradverleih gibt es. Bald erreichen wir die tschechische Grenze und finden uns auf einem weiteren gut beschilderten Radweg. Als kleine Tücke stellt sich heraus, dass die Tschechen an ihren Strassen bauen: immer wieder ist ein Abschnitt gesperrt, doch bis auf die eine Stelle wo die Brücke fehlt, kommen wir überall durch. Für einen kurzen Abschnitt kommen wir zurück nach Polen, dann erreichen wir Zittau. Dort stärken wir uns bei einem Eis und fahren dann noch hoch in die Berge, nach Jonsdorf im Zittauer Gebirge. Damit schliesst sich der Bogen der Berichterstattung: wir treffen hier auf die Zittauer Schmalspurbahn, die mit alten Dampflokomotiven die Gäste durch die Wälder kutschiert. Diesmal sind wir Zaungäste und staunen nicht schlecht, wie sich das Ambiente des Radfahrers am Berg verändert, wenn er vom Rauch der Dampflok eingeholt wird! Passend zum ‚Blick in die Vergangenheit‘ kommen wir in der Dammschenke unter, einem Gasthof aus dem Jahr 1718!