Zwei weitere heisse Tage in der Wüste: Gestern sind wir aus der Mojave rausgeradelt und haben uns bei einem kräftigen Gegenwind rauf ins Owens Valley gekurbelt. Als erstes haben uns die schnatternden Enten auf dem Little Lake begrüsst. Eine etwas unerwartete Begegnung, ebenso wie hier offenes Wasser anzutreffen, so mitten in Sand, Steinen und dürren Büschen.
In Olancha haben wir uns kurz nach Mittag im „Rustic Motel“ einquartiert. Es macht seinem Namen alle Ehre – das einzig nicht-rustikale ist wohl das WiFi. Die grossartige Szenerie der Sierra Nevada im Westen und der Inyo Berge im Osten, welche das Owens Valley begrenzen, sind umso eindrücklicher. Auf Fotos kann man die Wucht dieser Berge (und den Tiefen Taleinschnitt) allenfalls erahnen. Die wirklichen Dimensionen spürt man nur in natura. Am Abend ist das Motel jedenfalls voll besetzt. Und fast alle sind wieder auf den Beinen, als wir bei der ersten Dämmerung zu Frühstücken beginnen. Wir fahren um gut 5 Uhr los – es ist noch angenehm „nichtsowarm“. In Olancha wechselt das Landschaftsbild von einem Meter auf den andern. Die Buschsteppe geht in saftige Wiesen über und ein Bergbach sprudelt unter der Strasse hindurch. Die Ranchäuser stehen im Schatten riesiger Pappeln. Als nächstes führen wir uns vor Augen, was der Durst der Grossstadt Los Angeles einige 100 km stromaufwärts angerichtet hat. Wo noch vor gut 100 Jahren der Owens Lake glitzerte, liegt jetzt eine mehrheitlich staubige Ebene mit grünen Flecken und einzelnen Tümpeln. Wo früher die Schiffsanlegestationen waren, gibt es nur noch Gedenktafeln. Fast alles Wasser des Tales wird in einem doch recht dürftigen Kanal gefasst und fliesst nach Süden in Richtung LA.
Kurz nach halb acht erreichen wir die heutige Unterkunft in Lone Pine. Noch sind die wenigsten Gäste abgereist, kommen schon die neuen…. Wir packen ab und machen uns umgehend auf die Räder in die Alabama Hills. Lone Pine und seine Berge sind sozusagen die Hollywood-Filiale für Western (und wie wir gelernt haben auch ganz viele andere Filmgenres, die eine spektakuläre Bergszenerie als Ort ihrer Handlung brauchen). Über 400 Filme sollen seit den 1920er Jahren hier gedreht worden sein. Es waren also fast alle da, die in der Filmwelt Rang und Namen haben (mir persönlich hat nur Clint Eastwood gefehlt 😦 ). Im etwas vollgestopften filmgeschichtlichen Museum in Lone Pine sind von allen irgendwelche Originalgegenstände: Die Stiefel von John Wayne, der Klappstuhl, den Quentin Tarantino beim Dreh zu „Django unchained“ brauchte (inkl. dem von ihm verkritzelten Originaldrehbuch), das Auto, aus der Szene auf der Whitney Portal Road, die Humphrey Bogart in „High Sierra“ zum Durchbruch verhalf – kurzum: das Original von dem, was wir bisher nur von der Leinwand kannten. Ganz grossen Kino also. Manche Schauspieler waren so oft hier im Einsatz, dass sie für sich und ihre Familie ein Haus kauften. Dieses wurde dann in den Filmen kurzentschlossen gleich als Kulisse verwendet. Die Grenze zwischen Filmfiktion und Alltagsrealität verwischt sich. So auch in den Flurnamen: Der „Lone Ranger Canyon“ heisst jetzt der Realität der Alabama Hills so….
Im übrigen würde auch die Hauptstrasse von Lone Pine ohne allzuviele Umbauten eine hervorragende Westernkulisse hergeben. Wenn dann in der Nachmittagshitze die künstliche Welt des Films und die Realität des 21. Jahrhunderts ineinandergehen, ist ein kühles Bier in Jake’s Saloon die beste Idee. Wie damals im wilden Westen hinterlassen alle, die hier waren, auf einer 1$ Note einen kurzen Gruss an jene, die noch kommen werden. Es lohnt sich, hier einmal vorbeizuschauen!