29.7.2017
Von Krakau bis Jelenia Gora (Hirschberg) bringt uns der Zug. Nachdem wir den Morgenzug verpasst haben, sind wir im zweiten Anlauf pünktlich am komplett neu ausgebauten Hauptbahnhof. Auf dem Perron ist viel los, der Zug fährt an die Ostsee. Wir gesellen uns zu den anderen wartenden Radfahrern, der Zug kommt und der Wagen mit dem Veloabteil fährt an uns vorbei, wir hinterher. Man hilft sich, zuerst steigen die Jungen ein, welche an die Ostsee wollen. Dann die ausländischen Touristen, ein weitgereister Breslauer auf dem Heimweg und weitere Menschen mit Velo und mehr oder weniger Gepäck. Es dauert bis alle drin sind und sich das Chaos im großzügigen Veloabteil langsam strukturiert, die Velos aufgehängt sind, das Gepäck verstaut und alle ihren Sitzplatz gefunden haben.
Auf den ersten Blick cool, dann aber auch beängstigend war für mich, dass die Aufhängevorichtung über ein Zahlenschloss verfügt. Ich kann also mein Rad einladen, abschlissen und mich dann unbekümmert in die erste Klasse setzen. Nur: ich traute mich nicht, irgendetwas an diesem Schloss zu machen und liess es einfach offen. Was, wenn sich jetzt jemand einen Spass macht und mein Rad im polnischen Zug festkettet? Es passierte nichts und wir stiegen in Breslau auf einen Regionalzug um.
Es ist schon Abend als wir in Hischberg aussteigen und den letzten Teil der Tagesetappe auf der Strasse trampend in Angriff nehmen. Wir wollen noch nach Bad Flinsberg, einem Kurort mit Thermalquelle. Bald sind wir aus der Stadt raus auf dem offenen Feld das in der Abendsonne golden leuchtet. Wir zweigen von der Hauptstrasse ab und auf eine Geländestufe rauf, dann wieder durch die goldenen Felder. Nach 20 Kilometer gibt es noch einen Hinweis auf unseren Zielort. Es ist eine schöne Abendtour, doch es sind mehr Höhenmeter als uns lieb sein kann. Schliesslich finden wir Bad Flinsberg versteckt in den Bergen und unser Hotel zu oberst im Dorf, 170 Meter vom Zentrum ist für Radfahrer keine Garantie für eine „gute“ Lage. Es ist ein wunderschönes, altes Haus, mit rotem Samt und würdevoller Ausstrahlung. Das Restaurant ist bereits geschlossen – wir begnügen uns mit Nüssen und einem grossen Bier an der Hotelbar, der Weg runter ins Dorf zu einer Pizzeria ist uns „zu weit“, es bereits nach 21 Uhr …
30.7.2017
Das Frühstück gibts ab 8 Uhr, sehr spät für uns – lieber hätten wir um diese Zeit bereits die ersten Kilometer hinter uns. Vor dem Saal warten rund ein Dutzend russisch sprechende Rentner. Kaum geht die Tür auf fallen sie über das Buffet her, wir machen mit: schliesslich sind wir gestern zu kurz gekommen und wir haben noch ein paar Kilometer vor uns!
Dann satteln wir auf und starten bergaufwärts zur Talstation der Gondelbahn des Skigebiets (Höhe die man erkämpft hat gibt man nicht so leicht Preis). Es stellt sich heraus, dass wir in einem Bikerparadies sind: überall sind Routen ausgeschildert, steigen auf Parkplätzen Menschen aus den Autos aufs Velo, ja sogar einen Fahrradverleih gibt es. Bald erreichen wir die tschechische Grenze und finden uns auf einem weiteren gut beschilderten Radweg. Als kleine Tücke stellt sich heraus, dass die Tschechen an ihren Strassen bauen: immer wieder ist ein Abschnitt gesperrt, doch bis auf die eine Stelle wo die Brücke fehlt, kommen wir überall durch. Für einen kurzen Abschnitt kommen wir zurück nach Polen, dann erreichen wir Zittau. Dort stärken wir uns bei einem Eis und fahren dann noch hoch in die Berge, nach Jonsdorf im Zittauer Gebirge. Damit schliesst sich der Bogen der Berichterstattung: wir treffen hier auf die Zittauer Schmalspurbahn, die mit alten Dampflokomotiven die Gäste durch die Wälder kutschiert. Diesmal sind wir Zaungäste und staunen nicht schlecht, wie sich das Ambiente des Radfahrers am Berg verändert, wenn er vom Rauch der Dampflok eingeholt wird! Passend zum ‚Blick in die Vergangenheit‘ kommen wir in der Dammschenke unter, einem Gasthof aus dem Jahr 1718!