Lenham – Royal Tunbridge Wells

Lenham verlassen wir auf einer schmalen Strasse. Es gibt hier zwei Arten von schmalen Strassen: die one-lane-road und die two-lane-road. Wenn nur eine Spur vorhanden ist, hat es meist keinen Verkehr und ist geradezu das Velo Paradies. Wenns zwei Spuren hat ist die Strasse so schmal, dass Lastwagen kaum kreuzen können, trotzdem hat es furchtbar viel Verkehr. Hier gilt: diese Strassen sind zu meiden. Der Radweg nach Land’s End ist (noch) nicht markiert, das führt dazu, dass wir an jeder Weggabelung kontrollieren, wo’s weiter geht.

Es ist heiss und hügelig. Wir kommen nur langsam voran, die Strassen sind steil, die Aufstiege hart und die Abfahrten kurz. Dafür bleibt Zeit, rechts und links zu schauen, den Fasan zu beobachten und die Goldammern aufzuspüren.

Velo Paradies in England

Dover – Lenham

Gestern Abend sind wir in Dover angekommen. Es war ein langer Reisetag mit einigen Herausforderungen. Das Mittagessen an der Seine mit Blick auf Nôtre Dame war sicher in Highlight, die Idee, die Kirche zu besichtigen eher ein Flopp: die Warteschlage erstreckte sich über den gesamten Platz vor der Kirche. Wir beliessen es beim Selfie…

Die Fähre verliessen wir als Letzte, die Ausfahrt führt direkt auf die Autobahn, der Ausgang für Fussgänger endet an einem verschlossenen Tor. Dies sind die unvorhergesehenen Ereignisse, die es zu meistern gibt!

Dover verlassen wir auf dem Radweg Nr. 17, der uns nach wenigen Kilometern direkt in die grünen Hügel führt.

Es geht aufwärts, zugegeben wenn man am Meer ins Landesinnere startet nicht weiter erstaunlich. Auf jedem Hügel öffnet sich der Blick auf die nächsten Hügel, den ganzen Tag.

Wir machen Halt beim Battle of Britain Memorial Museum. Es ist eine Sammlung von Fundgegenständen, nachgebauten Flugzeugen und persönlichen Schicksalen. Wie jedes Kriegsmuseum ist es berührend bedrückend. Gerade heute fehlt mir allerdings eine Reflexion des gezeigten für die Gegenwart. Vielleicht ist das in einem kriegführenden Land zu viel verlangt? Später auf der Reise werden wir an den Veteranen Heimen vorbei kommen. Dort könnte man das nächste Kapitel des Museums schreiben…

Nach weiteren Hügel und Geländekuppen erreichen wir Lenham, ein kleines schmuckes Städtchen, unser erstes Tagesziel.

Dog & Bear Lenham

Unterwegs sein

Die Nase ist noch nicht im Wind, aber die Taschen sind gepackt, die Vorräte verschaut und das Zugbillett für die ersten 900 km liegt bereit. Die Vorfreude ist gross.

In den letzten Wochen musste ich immer wieder erklären, weshalb die Vorfreude auf die nächste Tour grösser ist, als die Angst vor der Anstrengung. Denn eines ist sicher: es wird wieder extrem angstrengend werden. Jeden Morgen weiss man nicht, wo man am Abend ein Bett findet und wo etwas zu Essen. Man weiss nicht, ob der Weg einfach oder schwierig ist und ob man ohne Panne durch den Tag kommt. Und man weiss, dass es auf der Reise mindestens einen Tag mit Pannen geben wird.

Vielleicht kann man es  nicht erklären, oder es ist ganz einfach: es geht darum, unterwegs zu sein. Jeden Tag zu nehmen wie er ist und das Beste daraus zu machen. Jeden Tag die Nase an der Luft zu haben und am Abend müde zu sein und erfüllt von den Erlebnissen. Und es geht darum, das Glück der einfachen Dinge zu spüren: eine Flasche kaltes Wasser zum Beispiel. Einfach herrlich! Oder eine schöne Unterkunft nach einem strengen Tag. Oder etwas gutes zu Essen nach der wohlverdienten Dusche.